„Denn im Herz sind alle gleich… wir lernen frei“, mit diesem Lied eröffnete die 12. Klasse der Waldorfschule Erfurt den Tag der freien Schulen in Thüringen, dessen Auftakt die Podiumsdiskussion bildete. Moderiert wurde die Gesprächsrunde von den beiden Koordinatoren der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG), Marco Eberl und Dr. Martin Fahnroth.
Die Podiumsrunde in Erfurt-Bischleben mit Franziska Baum (FDP), Michael Hose (CDU), Astrid Rothe-Beinlich (Bündnis 90/Die Grünen), Torsten Wolf (Die Linke) und Diana Lehmann (SPD) wertschätzte die Arbeit der freien Schulen in Thüringen und war sich einig, dass freie Schulen auch eine auskömmliche Finanzierung für ihre Arbeit benötigen. „Wir geben keine Wahlempfehlung ab, aber wir stellen die jüngst erstellte Übersicht zu den Wahlprüfsteinen der Öffentlichkeit und unseren Schulen zur Verfügung“, so der Koordinator Marco Eberl zu den Statements der Parteien, die die LAG im Vorfeld der Landtagswahlen 2019 abgefragt hatte.
Unter den Zuhörern im gut gefüllten Eurythmie-Raum der Waldorfschule waren neben den LAG-Mitgliedern auch Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler der Evangelischen Gemeinschaftsschule Erfurt und der Waldorfschule, die sich in die anschließende Diskussion eingebrachten: „Warum ist ein Vergleich der Kosten pro Schüler notwendig, warum kann nicht jede Schule das bekommen, was sie finanziell braucht?“, fragte Maja, Schülerin der 13. Klasse, die Politiker. Eine berechtigte Frage, zu deren Beantwortung allerdings viele Facetten der deutschen Schullandschaft beleuchtet werden müssen. In einem ersten Schritt sollten transparente Rahmensysteme geschaffen werden, wie beispielsweise klare Bezugsgrößen zur Kostenermittlung pro Schüler.
Parallel zur Podiumsdiskussion luden 35 freie Schulen in Thüringen die Direktkandidaten ihres Wahlkreises ein, um über die Arbeit der freien Schulen ins Gespräch zu kommen und um über die Herausforderungen der Schulfinanzierung zu sprechen. Darüber hinaus boten sie Schulführungen sowie kurze Unterrichtsbesuch an.
Die Wahlprüfsteine finden Sie hier.
Hintergrund:
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist das Recht zur Errichtung von freien Schulen fest verankert. Hier ist auch ein grundsätzlicher Anspruch auf Finanzierung durch die öffentliche Hand abzuleiten, allerdings weder die genaue Höhe noch die Ausgestaltung. In Thüringen ist die Finanzierung der freien Schulen im Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (ThürSchfTG) geregelt. Dieses Gesetz sieht vor, dass die allgemeinbildenden Schulen 80 Prozent und die berufsbildenden Schulen 60 beziehungsweise 65 Prozent der Summe erhalten sollen, die der Staat für einen Schüler an einer staatlichen Schule aufwendet. Die Vorgehensweise jedoch, mit der die Kosten des Staates ermittelt werden, ist intransparent und fehlerhaft. Real erhalten die Schulen deutlich weniger als die gesetzlich vorgesehenen angestrebten 80 Prozent. Die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Schulträger in Thüringen hat ein externes Schülerkostengutachten in Auftrag gegeben, welches die tatsächlichen Kosten eines Schülers im staatlichen System ermittelt. So wird deutlich, wie weit der tatsächliche Prozentsatz von den angestrebten 80 Prozent abweicht. Dies ist umso wichtiger, als die Regelung im Gesetz Ende 2020 ausläuft und für die Folgejahre vom Gesetzgeber neu festgelegt werden muss. Aktuell besuchen 27.000 Schülerinnen und Schüler 171 Schulen in freier Trägerschaft. Das ist ein Anteil von elf Prozent an der gesamten Schülerschaft in Thüringen.
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- Zusammenfassung der Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2019 - (14.04.2022 / 1 MB)